Flossing bezeichnet das relativ stramme Umwickeln von Extremitätengelenken oder -teilen mittels eines speziell dafür entwickelten Gummibandes und einer speziellen Applikationstechnik. Es läßt sich in nahezu alle üblichen Therapie-Methoden integrieren!
Ein Gelenk fest abbinden und bewegen!
Das ist das Prinzip des sogenannten Medical Flossings. Die neue Therapiemethode leitet sich vom sogenannten Voodoo-Flossing ab, das in den letzten Jahren von den USA
aus die Fitness-Studios auch in Europa erobert hat.
Dabei werden Gelenke und Muskeln mit einem elastischen Band lokal abgebunden.
Die Physiotherapeuten Andreas Ahlhorn und Ralf Blume haben dieses Verfahren zu einem differenzierten Konzept mit spezifischen, indikationsbezogenen Anlagetechniken
weiterentwickelt. In der Fachzeitschrift „physiopraxis“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2015) stellt Andreas Ahlhorn das daraus entstandene Medical Flossing vor.
Für das Flossing benötigt man ein spezielles, dehnbares Latexband, das zu beiden Seiten des betreffenden Gelenks fest angelegt wird. „Je nach Indikation variieren
wir den genauen Ort der Anlage und den Druck“, berichtet Andreas Ahlhorn, der als Physiotherapeut und Physiotherapie-Dozent in Koblenz tätig ist. Sein Kollege Ralf Blume ist Chef-Physiotherapeut
des Fußballclubs Hannover 96.
Mit angelegtem Band wird das Gelenk dann passiv oder aktiv bewegt - die Methode lässt sich so ergänzend zu Physiotherapie, manueller Therapie oder Osteopathie
einsetzen.
Ahlhorn und Blume vermuten, dass der starke mechanische Reiz, der durch die entstehenden Kräfte auf die Haut einwirkt, die Weiterleitung der Schmerzempfindung auf
Rückenmarksebene hemmt. Dieser Effekt ist als nozizeptive Hemmung bekannt.
Dabei kann die Behandlung durch die Reibung des Flossing-Bandes selbst recht schmerzhaft sein. „Auf der Haut können sich zuweilen Hämatome und Quaddeln bilden“,
warnt Andreas Ahlhorn - darüber solle der Patient unbedingt vor Beginn der Behandlung informiert werden.
Zudem werden noch zwei weitere Effekte für die Wirkung des Flossings verantwortlich gemacht: Zum einen der sogenannte Schwammeffekt, der dazu führt, dass der hohe
Druck das Gewebe gleichsam auspresst und den lymphatischen Abfluss verstärkt.
Zum anderen sorgt die Verbindung von äußerem Druck und Bewegung im Gelenk dafür, dass sich Bindegewebsschichten gegeneinander verschieben, die zuvor - etwa durch
Verletzungen und Vernarbungen - miteinander verklebt waren.
Nach Einschätzung der beiden Physiotherapeuten eignet sich die Methode für nahezu alle Patienten aus Orthopädie und Chirurgie, aber auch Neurologie und teilweise
Geriatrie.